Vorschlag des Ratsvorsitzes über die erweiterte gemeinsame Verantwortung
Zentraler Grundsatz der EU-Einwanderungspolitik ist die Sicherung der individuellen Rechtssicherheit mittels der Garantie auf einheitliche und immer effizientere Verfahren bei der Entscheidung über das Recht von Personen auf Aufenthalt im Unionsgebiet. Gleichzeitig muss der Zuzug von Bürgern aus Drittländern ins EU-Gebiet kontrolliert geschehen.
Die illegale Einwanderung ist ein Problem, das bei der Entwicklung der europäischen Einwanderungs-, Grenzkontroll- und Asylpolitik ganzheitlich behandelt werden muss. Auf dem Hintergrund des Problems liegen u. a. Lebensstandardunterschiede, der Drang der Menschen nach Verbesserung ihres Lebens sowie schwerwiegende humanitäre Probleme und Krisen in Drittländern. Der illegale Arbeitsmarkt der Europäischen Union ist ebenfalls ein bedeutender, illegale Einwanderer anlockender Faktor. In ihrer jüngst erschienenen Mitteilung zur illegalen Einwanderung (KOM 2006 402 endgültig) stellt die Kommission detailliert die verschiedenen Gründe für die illegale Einwanderung vor und fasst auch die Maßnahmen zusammen, mit denen es möglich ist, effizienter gegen die Faktoren anzugehen, die illegale Einwanderung begünstigen (pull factors).
In Europa herrschen große Unterschiede bei der Anzahl der illegalen Einwanderer und Asylbewerber nach Region und Mitgliedsstaat. Wie ein Mitgliedsstaat die gemeinsamen Regeln bezüglich Freizügigkeit, insbesondere im Schengen-Gebiet, verwirklicht, wirkt sich auf die gesamte Union aus. Oft jedoch reichen die nationalen Maßnahmen eines Mitgliedsstaates nicht aus, die Probleme zu lösen. Die Sicherheitsbedürfnisse der Union, wie effiziente Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität, beispielsweise Menschenhandel, setzen in Zukunft immer leistungsfähigere Verfahren bei Grenzkontrolle und Einwanderung voraus.
Auf Grund der vorstehend erwähnten Mitteilung der Kommission zur illegalen Einwanderung und der darin enthaltenen ausgezeichneten Analyse möchte der Ratsvorsitz als Teil der Beurteilung des Haager Programms eine Diskussion eröffnen über das Thema „Die erweiterte gemeinsame europäische Verantwortung bei Einwanderungs-, Grenzkontroll- und Asylpolitik“. Ziel ist, unfassend darüber zu diskutieren, wie in der EU die gemeinsame Verantwortung bei den Fragen illegale Einwanderung und Asylverfahren verstärkt werden kann. Eine Verstärkung der gemeinsamen Verantwortung wäre ein wesentlicher Teil bei der Verbesserung der Einwanderungskontrolle. Andere wichtige Teile dieses Prozesses sind u. a. die Weiterentwicklung des gemeinsamen europäischen Asylsystems sowie die Entwicklung gemeinsamer Regeln für die legale Einwanderung. Der Vorschlag des Vorsitzes hat vier Aspekte.
Erstens wird im Vorschlag festgestellt, dass durch Finanzierung der Europäischen Union ein bedeutender Teil der tatsächlichen und nachweisbaren Kosten gedeckt würde, die bei den Mitgliedsstaaten bei der Entscheidung entstehen, ob ein unbefugt eingereister Bürger eines Drittlandes Recht auf Aufenthalt im EU-Gebiet hat. Diese Ausgaben sind beispielsweise aus Aufnahme, Unterhalt und möglicher Rückführung sowie Verwaltungstätigkeiten entstehende Kosten. Voraussetzung für die schrittweise Erstattung der Kosten wäre es, dass die fraglichen Personen in den jeweiligen europäischen Informationssystemen registriert sind. Die Mitgliedsstaaten würden aufgrund des Registrierungsvorgangs entschädigt, damit entspräche die finanzielle Unterstützung dem auf den jeweiligen Mitgliedsstaat einwirkenden Einwanderungsdruck. Die Einzelheiten der EU-Erstattung müssen in einer späteren Phase der Vorbereitung präzisiert werden.
Zweitens würde die Registrierung auf dem Einsatz von biometrischen Merkmalen basieren, wodurch sichergestellt würde, dass die betreffende Person zum Zeitpunkt der Registrierung anwesend ist.
Drittens hätte nur der Staat ein Recht auf Erstattung seitens der EU, der die erste Registrierung vornimmt (grundsätzlich das Einreiseland). Auf dieser Basis entstünde für den betreffenden Staat die Verpflichtung, für die betreffende Person verantwortlich zu sein, einschließlich der Pflicht, die betreffende Person später aus einem anderen Mitgliedsstaat aufzunehmen (es sei denn, es ist eine bezeugte Rückführung registriert oder dass bei dem rechtlichen Status der betreffenden Person eine grundsätzliche Veränderung geschehen ist).
Viertens setzt der Vorschlag voraus, dass die Einwanderungs- und Grenzkontrollbehörden gemeinsame europäische Regeln ganzheitlich auf einheitliche und transparente Weise anwenden. Damit wären Regeln gemeint, die sich auf Grenzkontrolle, Recht auf Antrag auf Asyl und Aufenthaltsgenehmigung sowie Rückführung ins Herkunftsland oder in das Land des ständigen Aufenthalts beziehen. Die sachgemäße Durchführung würde durch Kontrollmechanismen gesichert, die zu entwickeln sind. Zusätzlich würde die Anwendung der Regeln mittels Einsatz einheitlicher Risikoanalysen unterstützt. Die durch Kontrollen nachgewiesene ordnungsgemäße Anwendung der Regeln müsste Auswirkung auf die aus EU-Mitteln gezahlten Erstattungen haben.
Kombiniert würden diese vier Aspekte eine Situation herbeiführen, in der alle Mitgliedsstaaten – sogar dann, wenn deren Einwanderungs- und Grenzkontrollbehörden unter starkem Druck stehen – in der Lage wären, die volle Verantwortung für die Durchführung der gemeinsamen europäischen Regeln zu übernehmen.
Nähere Auskunft erteilen: Politischer Staatssekretär Kari Salmi, Tel. +358 40 733 7085, Staatssekretärin Ritva Viljanen, Tel. +358 40 503 6936, Abteilungsleiter internationale Sicherheitsangelegenheiten Antti Pelttari, Tel. +358 50 357 7194, Referatsleiter internationale Angelegenheiten, Jukka Savolainen, Grenzschutz, Tel. +358 20 410 6511